Der beste Geocacher
Immer mal wieder wird die Frage gestellt, wer denn der beste Geocacher ist. 2011 stand dieser, zumindest für die Techniker Krankenkasse und für den Raum Deutschland, ganz klar fest, er bekam sogar den Titel „Mister Geocaching“. Leider ist die Zeit des Ruhms vorbei, zumindest an dieser Stelle, Zeugnisse davon gibt es nur noch in der WaybackMachine.
Doch wer ist denn nun der beste Geocacher?
Der beste Geocacher hat weder die meisten Caches gefunden, noch ist er in der Top 100 der Gummipunktsammler vertreten, auch nicht in der deutschen Top 100 oder in irgendeiner der anderen „Top“-Listen. Ebensowenig hat er die meisten Geocaches ausgelegt, die meisten Events besucht, die meisten T5er geloggt, die meisten Mysteries errätselt, die meisten Souvenirs an seine Schärpe genäht, die längsten und schwierigsten Multis gemacht, die grandiosesten Caches gefunden, die größte Latte an unterschiedlichen Coin-Icons im Profil, ist/wird jemals Geocacher des Monats (egal auf welcher Plattform), geschweige denn zum besten Geocacher einer Region gekrönt oder nimmt an einer solchen Veranstaltung überhaupt teil. Genausowenig definiert sich der beste Geocacher über die möglichst größte Auflistung an Cachebannern im Profil, über eine möglichst hohe Anzahl unterschiedlicher Cachetypen pro Tag, über die Anzahl Favoritenpunkte seiner Caches, über seine dicke Coinsammlung, die er mit stolz geschwellter Brust auf Events präsentiert, über seine Länderpunkte oder die Karte mit den, selbstverständlich allesamt tiefrot eingefärbten, Landkreisen Deutschlands. Der beste Geocacher trägt keine „Lege Dich nicht mit einem Geocacher an. Er kennt Orte, an denen Dich niemand findet!“ oder anderweitig dämlichen Geocaching-T-Shirts, meist semikreativ mit Nickname und Trackingnummer und discovert nicht jedes Blech, dessen Nummer er irgendwo gesehen/gefunden oder von dem er auch nur geträumt hat. Genausowenig prangt ein dicker TB-Kleber an seiner Karre oder wird dieses als Cachemobil bezeichnet. Er hat auch nicht die meisten Posts in irgendwelchen Trollforen geschrieben, noch strebt er danach. Er schreibt in keinem Blog, twittert nicht jeden Geocaching-Scheiß, lässt seine Geocaching-App nicht automatisch jeden Fund auf Facebook posten und geht jedem damit auf den Sack, noch stellt er dort dümmliche Fragen, die man mit Google in Sekunden beantwortet bekommt. Er plant seinen Urlaub nicht nach besonders tollen oder besonders vielen Caches und bedost nicht jede Kackecke, nur weil er es kann. Genausowenig kontrolliert er jeden Log, hat noch nicht aus purem Neid eine Dose verschwinden lassen oder gar in eine solche gepisst oder gekackt*, und ist vermutlich gar nicht so lange Angehöriger der Sippe. Dementsprechend hat er auch noch nie von „sinnigen“ Dingen wie Geocaching-Gewinnspiel, Geocaching-Wurfanker, Geocaching-Verkaufsmeile, Geocaching-Eventspiel, Geocaching-Klappspaten, Geocaching-Schneckenhäuser, Geocaching-Button, Geocaching-Magazin, Geocaching-Vollhonk, Geocaching-Powertrail, Geocaching-Finalliste oder vom scheinbar immerwährenden Kampf zwischen Groundspeakern und Geocachern anderer Plattformen gehört.
Der beste Geocacher schaltet den Verstand beim Cachen ein anstatt aus, läuft nicht zum Abkürzen querfeld/wald-ein, lässt das Auto vor den Verbotsschildern stehen, versteckt die Dose wieder so wie er sie vorgefunden hat, lässt keinen Müll zurück, verhält sich ordentlich im Wald und freundlich wenn er potentiellen Kritikern im Wald begegnet. Er besitzt, wenn überhaupt, eine normale Taschenlampe anstatt eine überteuerte und eigentlich viel zu helle LED Lenser, hat vermutlich kein neues Garmin oder Magellan um den Hals baumeln, trägt keine Tarnklamotten, Angelwesten oder Mützchen und hat noch nie ein Video, egal ob auf Deutsch oder Englisch, zu einem besonders dämlichen Geocaching-Song genossen und sich dabei nicht versucht die Augen und Ohren mit Stricknadeln auszustechen oder derart unnatürlich Schlechtes auch noch – TFTS** – gut gefunden. Er kann mit DNFs leben, wirft entsprechend keine Zweit- oder Dritt-Dose als Ersatz in den Wald, weil es sonst keinen Punkt gibt und man noch einmal hierher zurückkehren müsste, grinst nicht an jeder Dose dümmlich in den Foto um zu dokumentieren, dass man wirklich vor Ort war und sieht Geocaching als entspannendes Hobby und nicht als das Medium zum Schwanzvergleich ohne den sonst womöglich üblichen Einsatz einer leistungsstarken Penispumpe. Er informiert Owner bei Dosen, die eine Wartung benötigen, schreibt in Logs offen und ehrlich, aber nicht beleidigend, seine Meinung, erklärt auch mal, warum man hier besser keine Dose verstecken sollte, hat nicht den Zwang jeden Tag mindestens eine Dose zu suchen und braucht keine gefüllten Matrizen, damit ihm ordentlich einer abgeht. Er schubst, spuckt, kratzt und beißt nicht, schlicht weil sich so etwas nicht gehört… Nicht als Mensch und nicht als Geocacher. Ebenso respektiert er die Meinung von anderen und versucht auch über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Von diesem „besten Geocacher“ können wir uns alle (!) eine dicke Scheibe von abschneiden!
Dabei könnte der beste Geocacher eigentlich (fast) jeder sein, nur müsste manch einer sich dazu einfach mal am Riemen reißen und sich so verhalten, wie man es eigentlich in der Kinderstube gelernt hat oder gelernt haben sollte.
Eigentlich nicht zu viel verlangt, oder?
Da dies unter Geocachern aber scheinbar ein kerniger D5er ist, zu welchem es keinen Telefonjoker oder eine Finalliste im Internet gibt, wird der beste Geocacher vermutlich ein kleines, unbekanntes und dadurch auch unversautes Licht am Geocaching-Himmel sein. Jemand, den die Masse nicht wahrnimmt, der nicht auffällt und den die Meisten vermutlich aufgrund der erbärmlich geringen Fundzahl schlicht belächeln. Hoffentlich besucht er nie ein Event, liest nie irgendwelche Blogartikel, schaut in kein Forum, stolpert nie über statistikgeschwängerte oder anderweitig vor Selbstbeweihräucherung stinkenden Profile oder Logs oder lässt sich auf andere Weise von Dingen beeinflussen/beeindrucken, über die sich die Mehrzahl der Geocacher heutzutage definieren. Denn das ist wahrlich keine Auszeichnung, geschweige denn das Adjektiv „gut“ in jedweder Steigerungsform wert.
Und damit am Ende dieses Artikels niemand beleidigt sein muss und sein Arsch gedanklich schon über einer meiner verbliebenen Dosen kreisen lässt: „Heeeey, just in diesem Moment habe ich den besten Geocacher gefunden – Du bist es, DU bist der beste Geocacher überhaupt! Du darfst dich jetzt Mister Geocaching 2015 nennen! Herzlichen Glückwunsch, ich freu mich ja so für dich!“
* Alles schon vorgekommen
** Thanks for the song
Donnerstag, 31. Dezember 2015 18:31
[…] langen Wanderstrecke zählt das Erlebte, der Punkt ist einerlei. Das alles macht einen nicht zum besten Geocacher, am Ende kann es ja auch nur einen Mister Geocaching – schönen Gruß an dieser […]
Dienstag, 25. August 2015 8:34
@A.Schwarzer: Ich bin schlicht davon ausgegangen, dass es sich bei den Dosenscheißern um männliche Geocacher handelt. Dies mag im Nachhinein betrachtet vielleicht etwas vorschnell gewesen zu sein, das gebe ich gerne zu.
Wenn dem, liebe Frau Schwarzer, aus ihrer Sicht und mit ihrer Erfahrung nicht so sein sollte, erweitere ich das Ende des Artikels gerne um ein politisch korrektes „Mister/Misses Geocaching“. Nicht dass sich das vermeintlich schwache Geschlecht bei der Wahl des Untergrundes/Ziels benachteiligt fühlen muss…
Dienstag, 25. August 2015 7:46
Eine sehr schöne Ausarbeitung, welche den Pudel mal wieder im Kern trifft. Perfekt auch die subtile Darstellung der Tatsache, dass der beste Geocacher eben auch nur ein Mann sein kann.
Daher auch von mir die allerbesten Glückwünsche Dir, Mister Geocaching2015!
Herzlichst Eure
Alice Schwarzer
Montag, 24. August 2015 12:22
Ach wie schade, es war ganz knapp. Ich hätte es sein können, doch dann laß ich diesen Blogartikel … und bin somit durchgefallen . Tja, man kann nicht alles haben
Viele Grüße
Gerald
Montag, 24. August 2015 11:54
Danke, ich wusste dass du mich am Ende doch noch erkennst