Field of Fame – dpa kocht Altlast neu auf
Wer die Tage einen Blick in die Medien geworfen hat, wird vermutlich über den ein oder anderen Presseartikel mit Titeln wie „Moderne Schatzsuche führt in Wäldern zu Konflikten“ oder „Wachsende Geocacher-Szene ist teils problematisch“ gestolpert sein. Unter dem Geocaching leiden Tiere und Pflanzen, Bäume sterben ab – nur durch das Eingreifen von Naturschutz- und Forstexperten kann schlimmeres verhindert werden, so zumindest der Eindruck, der beim Leser entsteht.
Egal ob swr.de, volksfreund.de, nachrichten.de, focus.de, rheinpfalz.de, greenpeace-magazin.de, proplanta.de, u.a., der Artikel dazu stammt von der dpa und wird je nach Gusto der Artikelkäufer in kurzer oder langer Form dem Leser präsentiert. Den negativen Beigeschmack kann selbst die vermutlich gut gemeinte Intervention eines im Artikel zitieren Cachers nicht verhindern. Am Beispiel der Ehrentafel, in Geocachingkreisen auch als Field of Fame (FoF) bekannt, wird aufgezeigt, wie die Masse an Dosen den Tieren und der Natur zusetzt. Über die Dosendiarrhö aka Field of Shame hatte ich damals schon berichtet und mich gefragt, ob die Masse an Dosen das Hobby kaputt macht. Bereits Mitte 2011 gab es Probleme mit der massiven Ansammlung an Geocaches, die mehr und mehr Cacher angelockt hat. Irgendwann wurde dann das Verbot neuer Dosen von höchster Stelle ausgesprochen, nachdem sich das Forstamt Koblenz eingeschaltet hatte.
Das zuständige Forstamt Koblenz gestattet in diesem Gebiet keine neuen Geocaches. Die vorhandenen Caches sind derzeit noch geduldet.
Quelle: Regionale Regelung für Rheinland-Pfalz
Schauen wir uns einfach mal die Entwicklung der Ehrentafel in Zahlen an.
Aktuell sind noch 144 Geocaches in dem FoF-Gebiet aktiv, es wurden aber auch schon etliche der Dosen ins Archiv befördert. Dank der Archivdaten von xylanthrop.de konnte ich auch die archivierten Ehrentafel-Caches in diesem Gebiet identifizieren und in die Auswertung einfließen lassen.
Von Januar 2009 bis August 2011 gab es in dem Gebiet mehr Veröffentlichungen als Archivierungen, am Scheidepunkt konnte der Statistiker ganze 209 Punkte auf engstem Raum abgreifen.
Nachdem die Problematik auch bei einem Teil der Owner Gehör fand, wurden einige Dosen direkt noch 2011 archiviert. Seitdem wird immer mal wieder ein Cache aufgrund mangelnder Wartung o.ä. aus dem Verkehr gezogen.
Zu Spitzenzeiten gab es hingegen lediglich sieben T5er im FoF
Vermutlich wollten nur wenige Cacher auf dieser Statistiktour die Kletterausrüstung mitschleppen.
Die Logzahlen pro Monat und Jahr haben 2011 den Peak erreicht, anschließend ging die Summe der Logs sukzessive zurück.
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Bei den T5ern war dieser Punkt schon 2010 erreicht, allerdings dürfte das dem Umstand des gesunkenen Angebots geschuldet sein.
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Die reinen Logzahlen geben hingegen noch keine Auskunft darüber, ob das Interesse an der trotzdem noch beachtlichen Menge an Dosen auf kleinem Raum nicht doch weiter hoch geblieben ist. Die durchschnittliche Anzahl Logs pro Cache zeigt, dass nach dem Verbot neuer Dosen und der Archivierung einer größeren Anzahl Caches weniger Geocacher die Ehrentafel besucht haben.
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Die Spitzenzahlen gehen aber deutlich langsamer zurück, als man es beim Anblick der reinen Logzahlen vermutet hätte. Nach dem langen Winter waren es im Juni 2013 immer noch fast 50 Logs pro Cache.
Der Spitzenwert der durchschnittlichen Besuchszahlen von T5ern ist dagegen in diesem Jahr wieder etwas angestiegen.
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Die Summe der T5-Logs für das Jahr 2013 ist wetterbedingt schwer abzuschätzen, dürfte aber unter der von 2012 bleiben.
Wie man sieht gibt es eine leichte Entspannung im Field of Fame, der dpa-Artikel kommt also in dem Fall zwei Jahre zu spät. Keine Frage, der Cacherdruck ist in diesem Gebiet immer noch immens hoch. Wenn man sich die Logs diverser Caches durchliest, sind die Dosen aufgrund mangelnder Wartung in teilweise erbärmlichen Zustand. Der ein oder andere Gnadenschuss könnte eine weitere Entspannung in einem Gebiet bedeuten, welches von uns Geocachern mehr als überbeansprucht wurde.
Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Gasthäuser und Pensionen nicht in „Alien-Highway“ – Manier über die zurückgehenden Buchungen beklagen, schließlich kann so ein Powertrail durchaus Umsatzpotential besitzen.
Was bleibt ist die Frage, ob die Geocacher auch ohne den Eingriff einer Behörde und dem Verbot neuer Dosen von Groundspeak irgendwann eingesehen hätten, dass man auf diese Art und Weise nicht weitermachen kann… ich würde es mir wünschen, diese Art der Verantwortung dürfte aber wohl noch eine Weile auf sich warten lassen.
Ich kann nur hoffen, dass das Umweltministerium mit ihren Vorschlägen zum naturverträglichen Geocaching mehr Erfolg bei der Community hat, wie es noch 2011 der Fall war.
„Wir werden uns mit dem Thema insgesamt und in nächster Zeit intensiver beschäftigen müssen“, betont auch Laux. Im Umweltministerium entwickele derzeit eine Gruppe von Naturschutz- und Forstexperten Vorschläge für naturverträgliches Geocaching, das anschließend mit der Cacher-Szene besprochen werden soll.
Quelle: SWR.de
Geocacher wollen, wie man bereits damals erfahren konnte, nicht etwas diktiert oder vorgesetzt bekommen. Besser man arbeitet zusammen mit der Community die Probleme auf und versucht gemeinsam etwas zu bewirken.
Passend zu diesem Thema gibt es beim Mega-Event Prora 2013 ein Workshop zum Thema „Konflikte (vermeiden) beim Geocaching“, wo sich die Deutsche Wanderjugend zusammen mit interessierten Geocachern zusammensetzen und genau über diese Art der Probleme diskutieren möchte.
Gelegentlich tauchen Berichte über Konflikte zwischen Interessen- und Nutzergruppen (Jäger, Forst, Eigentümer, Sicherheitsbehörden etc.) und den Aktiven im Geocaching auf. Leider werden gerade diese „Problemfälle“ in den Medien aufgegriffen und breit kommuniziert. Oft würde ein frühzeitiger, direkter Austausch der Konfliktparteien zu Lösungen führen, wie zahlreiche gute Beispiele bundesweit belegen. Die bestehenden Guidelines/Nutzungsbedingungen der Listingplattformen decken im Grunde die meisten Problemlagen ab. Werden diese in der Praxis tatsächlich berücksichtigt?
Dieser Megaevent bietet die gute Gelegenheit, sich über positive Ideen und Beispiele wie auch negative Vorfälle auszutauschen, diese zu sammeln und zu diskutieren.
Ein Ergebnis könnte sein, praktikable Handlungsvorschläge für die verschiedenen Konfliktorte (z.B. Eisenbahnüberquerungen, Schutz von Privatgrundstücken, Tier- und Pflanzenschutz etc.) zu entwickeln. Mehrwert könnte sein, als i.d.R. Einzelperson noch bessere Argumente im Gespräch mit Behörden oder Verbänden an der Hand zu haben, um zu zeigen, dass man sich intensiv um ein Miteinander bemüht.
Quelle: Beschreibung zum Workshop
Kein Frontalvortrag, kein Positionspapier, lediglich ein Austausch von Meinungen und Erfahrungen, um vielleicht in Zukunft diesen Problemen in irgendeiner Form entgegenzuwirken.
Wer Interesse hat, aktuell sind noch Plätze beim Workshop frei (Anmeldung hier möglich)
Eventuell soll es auch eine Live-Übertragung geben und die Möglichkeit sich per Chat zu dem Thema zu äußern. Allerdings ist das aufgrund der technischen Ausrüstung noch nicht sicher. Falls hier jemand helfend zur Seite stehen möchte, mein Dank wäre gesichert. Ich kann aufgrund eines anderen Events nicht nach Prora kommen und vermutlich auch den eventuellen Live-Stream nicht anschauen, an einem Mitschnitt des Gedankenaustausches wäre ich allerdings sehr interessiert.
Ob der dpa-Artikel zum FoF nach fast zwei Jahren noch gerechtfertigt ist, dazu möge sich jeder seine eigene Meinung bilden. Fakt ist, dass wir mit unserem Hobby an immer mehr Ecken anstoßen und bisher eigentlich nichts dagegen unternehmen. Letztendlich schiebt Groundspeak nach Problemen einen Riegel vor und die Cacher, die sich nichts sagen lassen wollen, versuchen zum Teil auf anderen Plattformen ihr Glück. Die Probleme werden damit aber lediglich verschoben und verschmiert, behoben sind sie damit sicher nicht.
Mittwoch, 28. August 2013 22:43
Dein Wunsch nach Selbstkontrolle in der Cachergemeinde ist sehr fromm, wird aber leider ein Wunsch bleiben. Zumindest für die nächsten paar Jahre. Denn leider cachen immer noch zu viele nach dem Motto „Ist mir doch egal, Hauptsache ein Punkt“. Und es kommen immer neue dazu. Ein Umdenken hat in einzelnen Fällen schon eingesetzt und auch hier werden es zum Glück immer mehr.
Ich habe erst gestern von einer Runde Teil 3 und 4 absolviert, wo der Owner richtig nachgedacht hat. Die Dosen waren so gelegt, das es absolut keine Suchspuren rund herum gab. Für einen Cacher war das Versteck sofort klar und die Koordinaten sehr genau. Alles lag maximal 1,5m neben dem Weg und auch die Abstände zwischen den einzelnen Dosen mit 500-900m (15Dosen verteilt auf 13km Weg) ermöglichten mir einen schönen Laufrhythmus zu finden ohne gleich wieder in die Bremse zu steigen.
Ob dieser Prozess aber schnell genug geht, wage ich zu bezweifeln.
Dafür gibt es noch zu viele (auch neue) Dosen bei denen so gar nicht nachgedacht wird.
Jedenfalls wir das noch ein hartes Stück Überzeugungsarbeit.
Mittwoch, 28. August 2013 14:03
Bei Statistikauswertungen wird mir ja jedes Mal wieder warm ums Herz…
Abgesehen davon, danke für das Aufzeigen, dass die Situation eigentlich wieder entspannter ist. Ich hatte auch das Gefühl,… und ein wenig mehr Kommunikation zwischen den Fronten wäre in der Tat wünschenswert!