Kreativer Einfall oder saudumme Idee?

Tatort Geocaching?Die Zeiten, in denen man mit einer schlichten Dose und der einfachen Suche nach eben dieser beim Geocaching noch begeistern konnte, waren schon vor meiner Zeit als Geocacher vorbei.* Heute muss es mehr denn je kreativ sein**, doch wie kreativ darf man werden bevor man Gefahr läuft, in der Kategorie der saudummen Idee zu landen?

Aufhänger dieses Artikels ist der vermeintliche Leichenfund hier im Remstal. Die präparierte und lebensgroße Puppe ohne Kopf wurde im Auslauf eines unzugänglichen Kanals entdeckt, die Polizei hat großräumig abgesperrt, die Kripo ist angerückt und die Feuerwehr hat die Bergung übernommen.
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Weinstadt – Der Kopf fehlt, rote Spritzer auf Brust und Beinen, die Füße gefesselt: Wer auch immer die lebensgroße Puppe am Ufer der Rems abgelegt und damit am Montagabend in Weinstadt-Großheppach (Rems-Murr-Kreis) einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst hat, hatte sich alle Mühe gegeben, die Fake-Leiche echt wirken zu lassen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten

Pressetext der Polizei:

Am Montagabend gegen 20:15 Uhr wurde bei der Rettungsleitstelle eine verdächtige Wahrnehmung gemeldet. Ein Fußgänger, der von Großheppach in Richtung Endersbach auf dem Weg entlang der Rems unterwegs war, sah etwas am Rande der Rems liegen, das aussah wie ein Mensch. Durch die erste eintreffende Polizeistreife wurde dieser Sachverhalt bestätigt, weshalb der vermeintliche Tatort weiträumig abgesperrt und die Kriminalpolizei verständigt wurde. Da die Örtlichkeit nicht direkt zugänglich war, musste erst durch die Feuerwehr ein Schacht geöffnet werden, um an das Objekt zu gelangen. Erst dann konnte festgestellt werden, dass es sich um eine täuschend echt wirkende Puppe handelte, die auf noch unbekannte Weise dort hingelangt war. Um an die Puppe vorzudringen waren 20 Einsatzkräfte der Feuerwehr mit vier Fahrzeugen im Einsatz. Die Polizei war mit mehreren Streifen des Polizeireviers Waiblingen und des Kriminaldauerdiensts vor Ort.

Quelle: Presseportal

Ich habe schon viele kreative Caches gefunden, bei denen Körperteile aus Plastik oder lebensgroße Puppen verbastelt wurden. Als Geocacher weiß man schon im Vorfeld damit umzugehen und man ist auch in gewisser Weise vorbereitet, denn in vielen Fällen hat der Cache eine Story oder einen Aufhänger, der in diese Richtung geht. Auch wenn man im Endeffekt nicht immer genau weiß was einem bei einem Cache erwartet, so wird vermutlich kein Geocacher bei einem LPC, einem Underground o.ä. die Polizei rufen, wenn er eine kreative „Geo-Leiche“ oder Teile davon entdeckt.
Auf die Wirkung auf Muggels habe ich mir bislang nicht wirklich Gedanken gemacht. Auch nicht, als wir selbst zur Deko den einbeinigen Mr. Nice Guy angezogen und am Ende auf der Bühne platziert haben. Allerdings hätte bei diesem, schon vor langer Zeit archivierten LPC die restliche Deko, allen voran die Musik- und Lichtinstallation, sowieso von der vermeintlichen Leiche, die eigentlich mehr lebendig wirkte, abgelenkt.

Quelle: Ein kleines Video der ersten Besucher von GC22222, Mr. Nice Guy bei Sekunde 18

Mit den Jahren kommt ja bekanntlich auch die Erfahrung, aber auch heute würde ich bei diesem Cache noch einmal die Schaufensterpuppe als Deko verwenden. War es doch zumindest in der Anfangszeit ein abgeschlossener Raum, den man nur mit dem passenden Schlüssel betreten konnte. In einem Abwasserkanal oder an Stellen, die in irgendeiner Form von Muggels gefunden werden können, würde ich persönlich heute davon Abstand nehmen. Zum einen wäre mir die Gefahr zu groß, dass die Arbeit schnell kaputt gemacht oder entsorgt wird, zum anderen zeigen solche Einsätze, dass es vielleicht doch keine so gute Idee ist, einen ticken zu kreativ zu sein.

Nicht lustig

Es gibt keine Antwort, weil keiner weiß, wer die Puppe in die Rems geschmissen hat. Sollte die Polizei den Henkersknecht erwischen, muss der womöglich das Portemonnaie zücken. 20 Feuerwehrleute mit vier Fahrzeugen im Einsatz. Mehrere Polizeistreifen vor Ort. Kripo-Beamte auch.

Was, wenn in diesen zwei Stunden woanders was Schlimmes passiert wäre? Und so viele Kräfte wären gebunden gewesen – für nichts? Das ist nicht lustig. Und teuer ist es auch.

Quelle: zvw.de

Detektivspiel oder makaberer Streich?

Dass der Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr das Ziel des makabren Scherzes war, sei im Übrigen nicht erwiesen: „Es kann auch sein, dass es sich um ein Detektivspiel gehandelt hat, oder dass sich jemand einen Spaß mit jemand anderem erlauben wollte“, sagt Krötz. „Wir können allerdings nicht darüber lachen.“ Nun werde geprüft, ob die Einsatzkosten dem Verursacher auferlegt werden könnten – falls der jemand ausfindig gemacht wird.

Wer Hinweise auf die Fake-Leiche und die Personen, die sie an der Rems abgelegt haben, geben kann, wird gebeten, sich bei der Polizei Waiblingen unter 07151/950-422 zu melden.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten

Sollte es sich bei dieser kreativen Arbeit um einen Cache handeln, so habe ich ihn trotz der Nähe nicht gemacht bzw. in der Flut an Dosen nicht entdeckt. Es stellt sich allerdings die Frage, wie man als Geocacher künftig mit so etwas umgehen soll und ehrlich gesagt habe ich da spontan keine passende Antwort für mich.

  • Weitermachen wie bisher, die kreativen Owner solcher „Geo-Leichen“ loben und deren Einfälle mit Favoritenpunkten belohnen?
  • Dem Owner erklären, dass es vielleicht doch keine so gute Idee ist und teuer werden könnte, die Beratungsresistenten aber einfach weiterspielen lassen?
  • Oder sollte man als Spielverderber dafür sorgen, dass eben solche Polizeieinsätze erst gar nicht verursacht werden und die Deko abgeräumt oder der Cache gar (vielleicht wegen des dann mit Sicherheit angepissten Owners) archiviert wird?
  • …?

Wird man dann am Ende vielleicht noch als Nestbeschmutzer, Blockwart oder Cacherpolizei bezeichnet und einem noch aus Frust die eigenen Dosen kaputt gemacht?
Hätte von euch jemand wegen dieser oder einer anderen Puppe, die vielleicht Teil eines „kreativen“ Underground-Caches ist, irgendetwas gesagt, dass über die übliche Lobhudelei hinaus geht oder vielleicht sogar aktiv eingegriffen um einen solchen Einsatz zu vermeiden?
:-? :-? :-?
Nachdenkliche Grüße

Den Umstand, dass der Zugang zum Kanal mit einem Schild à la „Betreten verboten – Lebensgefahr“ versehen ist und Unbefugte dort eigentlich nichts zu suchen haben, lasse ich mal außen vor. Nicht unweit gibt es einen „kreativen“ Cache mit vielen Favoritenpunkten, in dessen Galerie man sogar noch ein Verbotsschild sehen kann… interessiert hat es niemanden der Finder.

*Es macht in vielen Fällen halt auch einfach mehr Spaß.
**Oder der Statistik dienen, wobei man die Auswüchse dabei auch fast schon wieder als kreativ bezeichnen kann.

Bildquelle: Pixabay

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Datum: Mittwoch, 18. April 2018 9:55
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6 Kommentare

  1. 6

    Klar bin ich auch für kreative Caches – das Salz in der unübersehbar flächigen Suppe der lieblos hingeflätzten Nicht-mal-mehr-richtige-PETlings. Aber das hier geht mE deutlich zu weit. Das Mindeste wäre eine entsprechende Kennzeichnung – also die klassische Stashnote – gewesen, damit auch Muggles wissen, woran sie sind. – Das bringt uns alle in Verruf, also nicht besonders schlau das Ganze…

  2. 5

    Die Polizei schreibt gerne, dass der Verursacher zahlen muss oder dass geprüft wird, ob der Verursacher zahlen muss (wenn’s für ersteres nicht reicht). Voraussetzung dafür ist aber, dass man dem Verursacher unterstellen kann, dass er den Aufwand hat kommen sehen. Jeder solche Artikel hilft dabei.
    Und man kann froh sein, dass nur 20 Feuerwehrleute mit vier Fahrzeugen und nicht 80 Feuerwehrleute mit 16 Fahrzeugen anrücken mussten.
    Mein Fazit: Niemand gefährdet, niemand verletzt und wenn der erste Polizist genauer hingesehen hätte (keine anständige Taschenlampe?) hätte man das alles eine Nummer kleiner haben können.

  3. 4

    […] Leichenfund ist das kreativ oder Saudumm […]

  4. 3

    @JR849: Es stimmt schon, dass solche Deko gerade beim Geocaching und Artverwandtem – auch außerhalb des Imperiums von Groundspeak – anzutreffen ist.

    Auch wenn wir sowas bisher meist in Räumen mit kontrolliertem Zutritt präsentiert bekommen haben, haben wir uns schon die Frage gestellt, wie denn jemand nicht eingeweihtes auf manches reagieren würde.

    Mittlerweile gehe ich so damit um:
    Egal wie viel ich zu einem Cache „lobhudele“, wenn ich den Verdacht hege irgend etwas könnte von unbeteiligten falsch gedeutet werden oder generell dem Ansehen des Hobbies in der Öffentlich schaden, dann erwähne ich das zumindest in einem Nebensatz.

    Allerdings muss ich auch sagen, dass man – egal was man tut – nie alle Möglichkeiten bedenken kann. Was ist, z.B. wenn man eine solche Puppe im Keller eines Lostplaces ablegt und das kleine Rinnsal vor der Tür wird unerwartet zu einem reißenden Strom und spült die Puppe raus?

    Normalerweise gibt es für solche Fälle Versicherungen … aber eine Versicherung fürs Geocaching?

    Apropos: Wäre mal interessant zu wissen, ob in so einem Fall evtl. eine Haftpflichtversicherung greift.

  5. 2

    @Cachologen: Ja, die Vermutung liegt nahe, dass es ein Geocache ist. Ich hab den „Tod in Remshalden“-Bonus nicht gemacht und konnte dazu auch nichts in den Logs lesen oder entdecken. Gut möglich, dass es aber auch gar kein Cache ist.
    Letztendlich ist eine solche kreative Deko aber gerade beim Geocaching anzutreffen und das ist das eigentliche „Problem“.

  6. 1

    Sollte es sich bei dieser kreativen Arbeit um einen Cache handeln, so habe ich ihn trotz der Nähe nicht gemacht bzw. in der Flut an Dosen nicht entdeckt.

    Der Cache, bei dem sich das Foto mit dem Verbotsschild in der Gallerie befindet, würde auch vom Namen her zur „Leiche“ passen.